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Erfahrungsbericht einer Patientin

Im Sommer diesen Jahres werde ich in das 34. Jahr meiner Diabeteskarriere gehen. Beinahe 30 Jahre habe ich Schweine-Insulin gespritzt und danach begann dann per "Zwangsumstellung", d.h. mein lebenrettendes Insulin war einfach nicht mehr auf dem deutschen Markt verfügbar, meine Humaninsulintherapie.

Ich bekam von meinem Diabetologen ein Rezept für Humaninsulin in die Hand gedrückt und den Hinweis, dass ich weiterhin so spritzen könne wie gewohnt, denn es gebe keine grossen Unterschiede.....

Und danach begann der Horror! Ich habe innerhalb kürzester Zeit eine Anzahl von Hypos erlebt, die ich in ihrer Schwere keinem anderen Diabetiker wünsche. Es gab Zeiten, da kam bei uns der Notarztwagen im 2-Wochen-Rhythmus vorbei. Meine Blutzuckerverlaufskurve war die reinste Achterbahnfahrt. Blutzuckerwerte zwischen 19 mg/dl und 350 mg/dl waren innerhalb weniger Stunden möglich. Ich litt permanent unter Kopf- und Gelenkschmerzen, mich überfiel eine solch bleiernde Müdigkeit, sobald ich das Basalinsulin spritzte, dass ich in den Stunden danach kaum einer effektiven Arbeit nachgehen konnte. Ich fuhr nicht mehr selber Auto und ich vermied es immer öfter, zu Veranstaltungen oder Partys zu gehen, da ich Angst hatte, dass etwas, sprich Hypo, passieren könnte. Dazu kam eine nie zuvor dagewesene Neigung zu regelrechten Depressionen. Ich, der ich normalerweise ein agiler, lebensfroher, zupackender Mensch bin, verfiel immer häufiger in Ängstlichkeit und Schwermut. Es fand eine regelrechte Persönlichkeitsveränderung statt. Es gab Tage, da hatte ich das Gefühl, ich stehe selbst neben mir bzw. ich nehme meine Umwelt nur noch wie durch Watte war..... Ich war innerhalb von 4 Jahren zu einem körperlichen Schrotthaufen geworden.

Nachdem ich vor 2 Wochen wieder eine nächtliche Hypo hatte (Blutzuckerausgangswert vor dem Schlafen um 23:50 = 168 mg/dl, Blutzuckerwert um 3:00 = 21 mg/dl) und diese nur Dank der Hilfe meines Mannes überlebte, entschied ich mich, sofort mit dem Humaninsulin aufzuhören und stattdessen das Schweineinsulin U-40 zu benutzen, welches ich mir bei einer Argentinienreise besorgt hatte. Da ich bezüglich der Umstellung total auf mich alleine gestellt war, ließ ich besondere Vorsicht bei der Berechnung der Insulineinheiten walten. Ich kürzte meine gewohnte Altinsulindosis vorsichtshalber um 1-2 Einheiten und meine Basaldosis für die Nacht (normalerweise 7 I.E.) um 2 Einheiten.

Jetzt, nach nunmehr 2 Wochen kann ich folgendes sagen:

  • Meine Gesamttagesdosis an Insulin hat sich um 4 - 5 I.E. reduziert.

  • Ich spritze jetzt durchschnittlich nur noch 30 I.E. pro Tag.

  • Ich habe eine total ausgeglichene Blutzuckerkurve mit Werten zwischen 80 und 130 mg/dl. Zwei Stunden nach einer Mahlzeit liegt mein durchschnittlicher BZ-Wert bei 125 mg/dl und nochmals eine Stunde später bei 95 mg/dl.

  • Mein morgendlicher Nüchternwert liegt bei 75 mg/dl gegen 6 Uhr und wenn ich etwas länger schlafe bei 110 mg/dl gegen 9 Uhr.

  • Meine Müdigkeitserscheinungen nach dem Spritzen von Basalinsulin sind vollkommen verschwunden.

  • Erste leichte Warnzeichen für ein Abfallen des Blutzuckers treten bereits ab einem BZ-Wert von 70 mg/dl auf, d.h. ich werde unruhig und ich fange an zu SCHWITZEN, was ich eigentlich schon seit Jahren nicht mehr getan habe. Bei einem BZ-Wert von 50 mg/dl (bisher nur 2 x gehabt) traten bei mir Augenbeschwerden auf, d.h. Doppeltsehen und Verschwimmen der Konturen. Hätte ich diese Anzeichen ignoriert, wäre ich an einer weiteren Verschlechterung meines Zustands tatsächlich selber schuld gewesen, denn zum genannten Zeitpunkt war ich noch voll handlungsfähig!

  • Ich fühle mich wie neugeboren oder besser gesagt "Auferstanden aus Ruinen"..... Ich habe weder Kopf- noch Gelenkschmerzen. Ich gehe aus dem Haus und komme nicht mit einem BZ-Wert von 30 mg/dl zurück, sondern mit einem normalen Wert von 80 mg/dl.

  • Und was das Wichtigste ist: Es gibt endlich wieder Zeiten, in welchen ich nicht an den Diabetes denke. Ganz einfach, weil er mir überhaupt keine Probleme mehr macht!!


Ich möchte jedem Diabetiker, der auch nur den geringsten Verdacht hat, dass ihm die Humaninsulintherapie nicht so bekommt, wie es die Insulinhersteller vollmundig versprechen (Humaninsulin - humaner geht's nicht mehr...) dazu ermutigen, wieder auf Schweine-Insulin umzustellen. Auf sich alleine gestellt, mag dies sicher schwierig sein, aber glücklichweise verfügen heutzutage auch die "Ewiggestrigen", d.h. die Nutzer von Schweine-Insulin über immer bessere Kommunikationsmöglichkeiten und können einander Hilfe geben bzw. Informationen austauschen.

K. V.

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