Persönliche Erfahrungen mit Humaninsulin
Diagnostiziert wurde ich 2001 nach einer Gesundheitsuntersuchung. Damals hieß es noch entweder LADA oder früher Typ II ohne Übergewicht. Meine damalige Hausärztin, eine sehr nette und kompetente Frau meinte: "Oh Gott, Sie sind doch noch so jung!"
Ich stellte meine Ernährung um und hatte halbwegs gute Werte, bis März 2003 eine allergische Reaktion auf Nahrungsmittel (mit Speicheldrüsenentzündung), dann allergischer Reaktion auf das Antibiotikum meine BZ-Werte in die Höhe schießen ließ.
Ich ging zum Arzt und verlangte nach Tabletten, anstatt wie mir vorgeschlagen wurde Insulin, glaubte noch immer eher ein Typ II zu sein und versuchte meine Werte durch eine Wasser-Mohrrüben-Kur in den Griff zu bekommen, was natürlich überhaupt nicht funktionierte.. Die Tabletten (Glibenclamid) setzte ich nach 3 Tagen ab, die Werte waren damit um 200 mg/dl höher als ohne. Ich pendelte mich mit dem Mohrrüben zwischen 200 und 300 mg/dl, ohne Therapie, ein. Mein Hausarzt schickte mich zum Diabetologen, weil mein Hba1c bei 13,2 % lag.
Also ab zum einen Diabetologen, schwach, katabol und unterernährt suchte ich eine Diabetesspezialklinik auf. Dort behielt man mich gleich da, meinte schon am ersten Tag, dass ich erst Insulin mit dem Pen spritzen und irgendwann eine Pumpe bekommen würde.
Die Therapie lautete dann NovoRapid und Lantus. Man stellte mich sehr straff ein und ich wurde "geschult", insofern man das Schulung nennen kann. Wir saßen in einem Schulungsraum, Typ I und Typ II zusammen, die meisten Patienten waren der Deutschen Sprache kaum mächtig oder konnten mit der Schulung nichts anfangen weil sie Fette von Schweineschnitzel nicht unterscheiden konnten.
Ich fragte auch ob es Allergien auf Insulinpräparate gibt und wedelte mit meinem Allergiepass, als Antwort erhielt ich, dass es so etwas nicht gibt. Nun gut, kurz nach der Einstellung (nach ca. 4 - 6 Wochen) lag mein Hba1c unter 6 % und ich wog locker 10 kg mehr, unterzuckerte mindestens 3x am Tag obwohl ich Basis und Bolus immer wieder anpasste. Die Krönung setzte wohl die symptomlose Unterzuckerung auf, die ich zufällig bei 30 mg/dl gemessen hatte, weil es eben Zeit zu messen war. Die Unterzuckerung hielt an die 3 h an, ich rief einen Arzt an und stopfte etwa 12 BE in mich rein, mein Endwert lag dann irgendwo bei 150 mg/dl. Mir ging es damals schon mit dem Insulin nicht gut. Was mir am meisten zu schaffen machte, waren die Sehstörungen (Probleme mit dem räumlichen Sehvermögen, Doppelbilder, Umsetzungsprobleme des Gesehenen in den Verstand), Orientierungsprobleme, Kopfschmerzen, extreme Müdigkeit und die heftigen Schmerzen in den Gelenken. Ich kam mir vor wie ein Zombie und hatte bereits damals kleine Pickelchen im Gesicht und am Oberkörper.
Ich suchte den Arzt auf, der diagnostizierte einen Brittle-Diabetes und verschrieb mir eine Insulinpumpe, die Einstellung und Schulung wurde abermals in der Klinik durchgeführt.
Kurz nachdem ich die Pumpe hatte, wurde es noch schlimmer. Ich schwoll an (Beine, Gesicht/Augenlider, Genitalbereich, Hände, Arme), jeder Tag war der absolute Horror, ich konnte kaum auf den Beinen stehen, so müde war ich. Und wenn ich wach war, vergaß ich alles. Autofahren war in dieser Zeit wie Russisch Roulette, ich wurde zunehmend verwirrter, hatte Kopfschmerzen und war nur noch müde. Meine Lymphdrüsen am Hals, Unterkiefer, Ohren waren angeschwollen (müssen an die 20 zu spüren gewesen sein), mir tat der Hals weh.
Im Supermarkt fand ich die gesuchten Artikel nicht mehr, weil ich nicht mehr wahrnehmen, umsetzen konnte was ich sah, das macht mich fast wahnsinnig und ich glaubte meinen Verstand zu verlieren, hinzu kamen diese grausamen Sehstörungen (Doppelbilder, verzerrtes Sehen) und immer noch extrem schwankende Blutzuckerwerte.
Es waren aber die Ödeme, die mich zum Arztgang veranlassten, meine Augen, Wangen waren angeschwollen, nach dem Frühstücksbolus machte es "peng" und mir passte meine Hose kaum noch. Ich las dann auch den Beipackzettel und kramte meinen Allergiepass hervor. Zinkchlorid im Insulin, Zinkchlorid im Allergiepass, der hat doch gesagt so was gibt es nicht..
Ich sprach den Arzt darauf an, besser, seine Vertretung, die ließ mir Blut abnehmen und verschrieb mir Humalog. Mit dem Humalog nahm ich zuerst innerhalb eines Tages 3 kg ab, 2 - 3 Wochen ging es mir, dann aber ging die Katastrophe erst richtig los. Zu den bekannten Problemen gesellten sich Blackouts, Lähmungserscheinungen (tauber linker Mundwinkel), Herzrasen, Herzschmerzen hinzu. Mein Blutdruck war teilweise ziemlich niedrig (90 zu 60 mmHg). Manchmal dachte ich mir sticht einer Messer in die Füße, oder ich laufe auf zerschmetterten Gelenken, ich konnte kaum laufen und wurde erneut immer dicker. Im Gesicht kam mir das Insulin aus den Poren, meine Unterlippe wirkte negrid, die Wangen erinnerten an Hamsterbacken und die Augenlider waren auch dick. Ich hatte fast nur noch Schmerzen, egal wo, Kopf, Herz, Glieder, versuchte im Internet etwas dazu zu finden und fand jemanden, der von Insulinallergien schrieb. In dieser Zeit war nichts mehr möglich außer kurz den Hund rausbringen, Arbeiten gehen und mich irgendwie zu versorgen, aber wie... Mein Werte schwankten zwischen 30 und 400 mg/dl, völlig irrational!
An einem Tag wollte ich wohl einkaufen, weiß ich leider nicht mehr so genau, und verlor völlig die Orientierung, befand mich im Auto auf der linken Spur, wusste nicht wo ich war und wohin ich wollte, versuchte schlangenförmig die Spur zu wechseln, bis ich endlich am Straßenrand den BZ messen konnte, nahezu Normalwert.
Ich ging zum Arzt, der mir dann, seiner Ansicht nach, ein zinkfreies Insulin verschrieb, Insuman Infusat (massig Zink enthalten!), nach der Umstellung wurde es besser, für kurze Zeit jedenfalls. Diesmal konnte ich aber wieder besser denken und nahm Kontakt mit den Insulinherstellern auf. Ich recherchierte und fand Insuman Rapid als fast zinkfreies Insulin heraus, ging zu dem Arzt, der keine Beipackzettel lesen kann, und sprach ihn darauf an. Erneut durfte ich als Gast dieses Hauses einsitzen, man führte eine Allergietestung auf Insuline und Zusatzpräparate durch, nachdem ich mit der Pharmaindustrie ausgemacht habe, dass die ein Test- Kit dort hin schicken. Damals waren spezifische IgE auf Insuline negativ, IAA/IAK positiv mit 26 %.
Es wurde nur eine Umstellung und Testung auf Zusatzstoffe (intracutan auf dem Rücken), ausgewertet wurde mit Digitalkamera, das Ergebnis lautete einmal: "Wir können Ihnen nicht helfen, sie reagieren auf alles" und ein zweites Mal: "Da ist nichts bei herausgekommen."
Irgendwann ging es erneut abwärts, ich suchte den Arzt auf, seine Vertretung, die mir dann mal eben antwortete, dass sie ja wisse wie viel ich esse und ich soll mal 2 BE/Tag 2 Wochen lang essen und eine Allergie sei ja eigentlich keine Krankheit... Egal wo ich fragte, entweder schickte man mich zum Diabetologen, der nahm das aber alles nicht ernst oder man glaubte mir nicht.
Kurz darauf machte ich einen Kurzurlaub nahe Frankfurt am Main, setzte das Insulin ab und ernährte mich von Luft und Salat (wie ärztlich angeordnet nicht mehr als 2 BE/Tag), meine Werte hielten sich in Grenzen, mit Insulin waren sie jedenfalls nicht besser, nahm 12 kg in 2 Wochen ab und konnte erstaunlicherweise wieder denken, hatte keinerlei Schmerzen mehr, nur leider wirkte das Humaninsulin auf einmal nicht mehr und ich spritzte zur Korrektur NovoRapid. In dieser Zeit konnte ich ein Insulin nur maximal 5 Tage lang verwenden, dann schwollen mir die Füße an, ich hatte Bewusstseinsausfälle (Schwarz-vor-Augen-werden), Lähmungserscheinungen und Taubheit im Gesicht, den Händen, mein Herz raste, ich schwoll an und hatte enorme Schmerzen in den Gelenken, Kopf, Herz, meine Lymphdrüsen am Hals waren dick und taten weh usw...
Das ging leider nicht lange gut, brauchte ja eigentlich mehr Insulin und ich spritzte dann im Wechsel alles, was an Insulin im Kühlschrank lag. An einem Tag ging gar nichts mehr, ich korrigierte einen BZ von 140, dann konnte ich meine Arme/Hände nicht mehr koordinieren, taumelte auf der Straße lang, mir war schwindelig, schwarz vor Augen und mein Herz drohte zu kollabieren, Blase, Magen und Darm standen davor sich selbstständig zu machen und bekam nur schwer Luft. Niemand half mir, ich versuchte mich irgendwie zu beruhigen, glaubte, dass es nur Angst sei und setzte mich ins Auto um zur Arbeit zu fahren kam aber nicht weit und fuhr schnurstracks ins Krankenhaus. Der Arzt dort war dann eine echte Hilfe (ich berichtete ihm, dass das Insulin diese Beschwerden auslöst und ich ohne Insulin keine Probleme hätte bis auf die Sache mit dem Blutzucker, aber er glaubte mir nicht), per "Ferndiagnose" (er tastete meine Lymphdrüsen im, Abstand von 1 cm ab) konnte er keine Lymphdrüsenschwellung feststellen.. Ich setzte das Insulin erneut ab und wieder ging es mir schlagartig besser.
Ich kehrte dann dieser geballten Ladung an Kompetenz (gemeint ist mein damaliger Diabetologe) den Rücken und landete bei der nächsten Koryphäe, der mich nach einem gescheiterten Versuch mit Protaphane (wirkte nicht) und NovoRapid auf Actrapid MC suis und Semilente umstellte, nachdem er eingesehen hat, dass Humaninsulin gar nicht mehr wirkt.
Dann ging es los, mein Bolusfaktor musste, wie auch der Korrekturfaktor um einiges gesenkt werden, Korrekturen waren wieder zuverlässig, reproduzierbar und die meisten der Beschwerden waren verschwunden . Semilente konnte ich wegen des vielen Zinks leider nicht spritzen, obwohl meine Werte damit nahezu perfekt zu halten waren! Ich suchte auch eine Allergologie-Ambulanz in einer Uniklinik auf, man machte erneut eine Hauttestung und untersuchte spezifische IgE auf Insulin = negativ. Zinkhaltige Insuline verursachten aber immer schon Quaddeln bei der Hauttestung.
Das ging relativ lange gut, bis die neurologischen Probleme auftraten, ein Tick am rechten Auge und noch immer die Lähmungserscheinungen am linken Mundwinkel. Außerdem war meine rechte Hand immer dicker als die linke und auch im Gesicht zeigten sich noch immer leichte Schwellungen der Augenlider.
Ende 2004 versuchte ich dann in der endokrinologischen Ambulanz einer Uniklinik die Ursache herauszufinden, dort glaubte man mir anfangs auch nicht, meinte es wäre der Stress (welcher Stress, außer der mit dem Insulin hatte und habe ich keinen). Es war wieder eine Zeit mit unberechenbarer Insulinwirkung, ich konnte täglich Bolusfaktoren, Basalrate und Korrekturfaktoren auswürfeln, was seltsamerweise funktionierte. Eines Tags wirkte das Insulin überhaupt nicht und ich korrigierte mich mit Apidra, bekam Pickelchen in den Armbeugen und Kniekehlen, ließ mir daraufhin Rinderinsulin verschreiben.
Rinderinsulin wirkt zwar wunderbar konstant und zuverlässig, aber das "Insulinhopping" muss mein Immunsystem hoch sensibilisiert haben (zumal ja auch immer die Sache mit der Zinkallergie vorhanden war), ich wachte eines Tages mit mückenstichähnlichen Quaddeln, die nach dem Frühstückssbolus zu riesigen, juckenden Quaddeln anschwollen. Mein Knie war um das Doppelte angeschwollen und ich kratzte mich fast zu Tode, Urtikaria, Allergologe, dann Notaufnahme, die mich mit 100 mg Cortison und Antihistaminika intravenös versorgen durfte.
In der Ambulanz machte dann eine Allergietestung mit mir, ich reagierte auf keinen der Zusatzstoffe außer ein wenig auf das Zink, das Insulinpräparat selbst verursachte eine Quaddel, die annähernd 10 cm Durchmesser hatte, alle Insulinpräparate machten das. An der Stelle wo die Kanüle saß, bildeten sich subcutane Quaddeln mit Durchmessern von bis zu 20 cm, wie sollte ich damit gute Blutzuckerwerte erzielen?
Eine Dokumentation der allergischen Reaktion auf intracutane Injektionen aller Insulintypen (Zeitspanne Bild 1 zu Bild 4 beträgt ca. 15 min) ist am Ende des Berichtes zu finden.
Einen Tag später saß ich erneut auf der Ersten Hilfe und holte mir intravenös Cortison ab, das Antihistaminikum half nicht sonderlich und zu den Quaddeln kam hinzu, dass ich nach Insulininjektion kaum noch Luft bekam, mein Magen, Darm, Blase, Herz mir signalisierten, dass sie kurz vorm Kollabieren standen, ich kam zeitweise nicht mehr von der Toilette, weil alles verrückt spielte. Ich musste das Insulin temporär absetzen. Mein damaliger Arzt/Diabetologe glaubte nicht, dass ich diese Phase noch überwinden konnte, war hilflos und schickte mich in die Allergologie- Ambulanz, dort bekam ich ein anderes, weiteres Antihistaminikum, das etwas besser hilft und führte eine Desensibilisierung auf Humaninsulin durch (ging über 2 Tage).
Während der Hyposensibilisierung (es wurde Humaninsulin gespritzt) hatte ich eine symptomlose Unterzuckerung bei einem Blutzucker von 24 mg/dl, mein Arzt legte mir daraufhin einen Zugang, falls ich bewusstlos würde. Ich verwendete dann einige Wochen ausschließlich Humaninsulin (Insuman Rapid), dann wirkte das Insulin nicht mehr so stark/berechenbar/zuverlässig und ich musste wesentlich mehr spritzen, erneut erlebte ich eine symptomlose Unterzuckerung bei etwa 25 mg/dl, woraufhin ich das Insulin noch am gleichen Tag wechselte (zurück auf Schweineinsulin Actrapid MC suis, damit waren meine Unterzuckerungssymptome einen Tag später wieder bei Werten > 40 mg/dl vorhanden und das Insulin wirkte besser).
Die Desensibilisierung scheint etwas gebracht zu haben, ich spritze wieder Schweineinsulin (diesmal Hyporine porcine neutral) und fühle mich zunehmend besser, es juckt halt immer wieder mal, die Sehstörungen sind nicht weg zu bekommen und ich bekomme auch nicht immer gut Luft, trotzdem bin ich zufrieden, denn mein Herz klopft wieder völlig normal und ich bin so gut wie schmerzfrei!
Im Folgenden sind Bilder zu sehen, die eine allergische Reaktion auf intracutane Injektionen von verschiedenen Insulinen (darunter Apidra, Humalog, NovoRapid, Insuman Rapid, Actrapid MC suis, Actrapid Hm, Semilente) zeigen. IgE-Titer lag damals bei 44 kU/l CAP-Klasse 4 (anaphylaktischer Schock Ausmaß Grad III (?)).
Daniela Wille