Diabetesgeschichte von Volker Henkel
Erste Diabeteserfahrungen
Seit 1995 bin ich als Typ I - Diabetiker manifestiert. Dies machte die intensivierte Insulintherapie notwendig. Seit der Manifestation meines Diabetes hatte ich schwere Probleme mit Hypoglykämien, trotz Diabetesmanagements. Immer wieder kam ich in Unterzuckerungen, auch mit bewusstlosen Zuständen. Symptome für Unterzuckerungen hatte ich selten und es gab keine "fließende Grenze", an der ich noch bewusst durch die Einnahme von Kohlenhydraten die Unterzuckerung verhindern konnte. Ich führte mir auf Anraten der Ärzte immer gentechnische Insuline zu.
Zwei Verkehrsunfälle durch Unterzuckerungen
Im November 2006 bin ich durch eine Unterzuckerung im Straßenverkehr aufgefallen. Ich wurde von der Führerscheinstelle des Landratsamtes verpflichtet bei einem Gutachter meine Tauglichkeit zum Lenken eines Kfz überprüfen zu lassen. Ich wurde negativ beurteilt und musste danach verschiedene Auflagen erfüllen, wie auch eine Diabetesschulung. Nachdem ich diesen nachgekommen war, erhielt ich den Führerschein wieder. Am 09. August diesen Jahres war ich nachts auf der A 8 unterwegs. In rasender Geschwindigkeit fiel ich in einen Unterzucker, der mit einem Aufprall in der Mittelleitplanke endete. Ich fiel nach dem Unfall durch die Unterzuckerung in Bewusstlosigkeit und kam in Handschellen gelegt, wieder zu mir.
Private Kontakte machten mich auf tierische Insuline aufmerksam
Durch private Kontakte zu Diabetikerinnen über die Internetseite Befaktor.de, wurde ich darauf aufmerksam, ob meine großen Probleme mit den Unterzuckerungen, evtl. durch eine Umstellung auf tierisches Insulin verbessert werden könnten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich von Diabetologen und Allgemeinmedizinern eine solche Information nicht erhalten. Ich nahm Kontakt zu Professor Teuscher von einer Diabetesklinik in Bern in der Schweiz auf. Dieser wurde mir ebenfalls von den privaten Kontakten genannt. Er ist ein Befürworter tierischer Insuline und er regt die Diskussion darüber an, inwieweit gentechnische Insuline möglicherweise zu großen Problemen mit unbemerkten Unterzuckerungen führen können. Ich will hier nicht spezifischer darauf eingehen, aber es gibt Untersuchungen und Fälle (zu diesen zähle ich mich zwischenzeitlich auch), die dies bestätigen.
Mangelnde Informationen bei Ärzten
Durch diese Informationen wollte ich mich auch auf tierisches Insulin umstellen. Bei einem Arzt bat ich deshalb um eine neue Medikamentierung für ein solches. Er sagte, es wäre kein Problem, dass er mir ein tierisches Insulin verschreibt. Er stellte mir ein Rezept über Insuman aus. Zuhause recherchierte ich, um was für ein Insulin es sich dabei handelt. Das Resultat war sehr ernüchternd für mich. Obwohl ich dem Arzt meinen Wunsch und die Dringlichkeit für eine Umstellung auf tierisches Insulin mitgeteilt hatte, stellte ich fest, dass auch Insuman wieder ein gentechnisch hergestelltes Insulin war.
Letztendlich habe ich dann nach erneutem Nachfragen mein Rezept für ein Schweineinsulin bekommen, stellte aber immer wieder eine Zurückhaltung gegenüber dem tierischen Insulin seitens der Ärzte fest. Ich möchte dabei noch mal betonen, dass mich kein Arzt seit meiner Manifestation als Diabetiker und trotz deren Kenntnisse über meine wiederholten schweren Unterzuckerungen, auf die Verwendung tierischer Insuline hingewiesen hat.
Die zwischenzeitlich bei mir erfolgte Umstellung auf das Schweineinsulin Hypurin Porcine bedeutet für mich erstmals, dass ich mit der Krankheit zurecht komme. Die Wahrnehmung von niederen Blutzuckerwerten ist wesentlich stärker und beginnt früh. Eine Erfahrung, die ich nach den Erlebnissen mit gentechnischen Insulinen so nicht erwartet hätte und bis dato nicht hatte. Das Schweineinsulin wirkt mit wesentlich geringerer "Aggressivität". Mein Umgang mit dem Diabetes ist dadurch wesentlich erleichtert worden und meine HbA1c Werte haben sich sogar noch verbessert. Ich fühle eine Last von mir genommen. Ich bin mir sicher, dass ohne diese Umstellung auf tierisches Insulin die Probleme mit den Unterzuckerungen geblieben wären.
Über das Thema "Tierische Insuline" wird weiterhin geschwiegen
Nach dem Unfall am 09. August bin ich weiterhin ohne Führerschein und weiß auch nicht, ob ich diesen wieder bekomme. Da ich als Fotograf und Journalist selbständig tätig bin, steht meine komplette Existenz in Frage. Zwischenzeitlich bin ich nach den von mir hier beschriebenen Erfahrungen der Meinung, dass sich auch die Mediziner hier nicht ganz von einer Verantwortung frei machen können.
Mir ist es wichtig mitzuteilen, dass evtl. für einige Diabetiker/innen die Umstellung auf tierisches Insulin von Vorteil wäre. In Deutschland wird zwischenzeitlich fast nur noch gentechnisches Insulin rezeptiert. Tierische Insuline sind nicht mehr registriert. Da ich Selbstzahler bin, war es für mich einfacher (bis auf die Überwindung ärztlicher Hemmnisse), tierisches Insulin zu bekommen. Gesetzliche Krankenkassen dürfen aufgrund der Gesetzeslage die Kosten für ein solches nur dann übernehmen, wenn ein Arzt die Notwendigkeit für eine/n Patienten/in bestätigt.
Ich will mich dafür einsetzen, dass tierisches Insulin als Medikament nicht ganz verschwinden darf. Meine damit gemachten positiven Erfahrungen sprechen für mich eine eindeutige Sprache und haben bei mir starke Vorbehalte gegenüber den gentechnischen Insulinen hervorgerufen. Ich glaube, dass es eine sehr große Dunkelziffer von insulinpflichtigen Diabetikern/innen gibt, die große Probleme mit Unterzuckerungen haben, aber bei Ärzten lediglich eine Rezeptierung für gentechnische Insuline erhalten und überhaupt nicht wissen, dass ihre Situation durch die Einnahme tierischer Insuline evtl. wesentlich besser wäre.
Deutsche Diabetesgesellschaft lehnt tierische Insuline ab
Umso mehr sehe ich auch die Empfehlung der Deutschen Diabetes Gesellschaft, als führenden Verband für die Diabetestherapie in Deutschland, als sehr belastend an. Die DDG stellt fest: "Tierische Insuline werden von uns nicht empfohlen." Durch eine solche Empfehlung machen sich Diabetologen und Ärzte an der medizinischen Basis leider keine Gedanken mehr darüber, ob evtl. tierisches Insulin für "Problemfälle" wie mich, das wesentlich bessere Medikament ist. Ich für mich kann nur sagen, dass die gentechnischen Insuline mir keine Möglichkeit gegeben haben niedrige Blutzuckerspiegel wahrzunehmen. Das beigefügte Schreiben des Chefarztes, der von 20 bis 30 % unter schweren revidierenden Hypoglykämien leidenden Typ I - Diabetikern schreibt, lässt annehmen, dass ich kein Einzelfall bin. Insofern ist eine Empfehlung wie die der DDG noch stärker zu kritisieren, da tierisches Insulin als Behandlungsalternative dadurch ganz außer acht gelassen wird. Ich frage mich, wieso stellt eine DDG solch eine Empfehlung aus, die in jedem Fall nicht zu meinem Wohl als Diabetiker ist. Wenn ich weiterhin auf gentechnische Insuline eingestellt worden wäre, hätte es früher oder später die nächste Katastrophe gegeben. Für mich ist hier auch eine wichtige Frage, welche Kontakte zwischen der Pharmaindustrie und der DDG bestehen.
Wichtige Fragen für mich sind:
Wieso verschreibt ein Arzt seinem Patienten ein gentechnisch hergestelltes Insulin, obwohl dieser ausdrücklich um tierisches Insulin gebeten hat, wie es bei mir der Fall gewesen ist?
Wieso werden die auch im Internet zu findenden Fälle, die auf die Probleme mit starken Unterzuckerungen im Kontext mit gentechnischen Insulinen hinweisen, kaum in der Diabetestherapie thematisiert?
Wieso haben erst private Kontakte dazu geführt, dass ich auf tierisches Insulin aufmerksam wurde und nun tatsächlich viel besser mit meiner Krankheit klar komme?
Wieso sagen Diabetologen, dass das wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden kann, wenn sie auf Fälle hingewiesen werden (diese Aussage hat mir ein Diabetologe gegeben), in denen Patienten gentechnische Insuline benutzten und immer wieder schwere Unterzuckerungen erlitten haben?
Wieso behaupten Diabetologen, ein signifikanter Einfluss des Insulins auf die Unterzuckerungssymptomatik sei wissenschaftlich nicht nachgewiesen, wenn dieser bereits vor Zulassung gentechnischer Insuline im "Symposion Biosynthetisches Humaninsulin" 1982 (veröffentlicht in der "Münchner medizinischen Wochenschrift 125 (1983), Suppl. 1" diskutiert wurde?
Ich habe diesem Schreiben einen Antwortbrief des Chefarztes der Enzkreis-Kliniken Mühlacker beigefügt. Ihn fragte ich, warum ich seit meiner Manifestation als Diabetiker im März 1995 trotz wiederholter stationärer Aufnahme wegen Unterzuckerungen nicht auf tierisches Insulin aufmerksam gemacht wurde. Er ging auf die oben erwähnte Empfehlung der DDG ein. In dem Schreiben erwähnt er: "Etwa 20-30 % aller Typ-I-Diabetiker sind von schweren, rezidivierenden Hypoglykämien betroffen." Für mich ein bedenklich hoher Wert, der die Frage nach der Hypoglykämiewahrnehmung bei der Verwendung gentechnischer Insuline stellt. Das Schreiben des Chefarztes habe ich als Kopie beigefügt.
Wieso öffnet sich die DDG nicht für tierische Insuline? Damit könnte verdeutlicht werden, dass tierische Insuline bei Menschen mit einer schweren Hypoglykämiewahrnehmung evtl. das bessere Medikament sind. Auch Ärzte würden sich dann wieder im Einzelfall über eine Verwendung von tierischen Insulinen Gedanken machen.
Volker Henkel
Mail: TierischesInsulin@gmx.de